Wie man den Indikator nutzt
Der sentix Strategische Bias stellt die Grundüberzeugungen der Anleger dar. Er schwankt deutlich weniger als das kurzfristige sentix Sentiment, bildet typischer Weise länger anhaltende Trends aus und hat in der Regel einen Vorlauf vor der Entwicklung des betrachteten Marktes. Der Strategische Bias ist deshalb im Gegensatz zum sentix Sentiment nicht konträr zu interpretieren, sondern als Richtungsindikator zu verstehen. Er kann somit für längerfristige Anlageentscheidungen genutzt werden.
Diese – für Sentimentindikatoren der Finanzmärkte ziemlich einmalige – Eigenschaft ist der Tatsache zu verdanken, dass sentix seit Beginn seiner Erhebungen im Jahr 2001 neben den 6-Monats-Erwartungen für die verschiedenen Märkte auch die jeweiligen 1-Monats-Erwartungen abfragt. Dabei fungieren die 1-Monats-Erwartungen, das sentix Sentiment (Link), als Filter für die Emotionen der Anleger. Die 6-Monats-Erwartungen fangen dagegen die längerfristigen Überzeugungen der Investoren ein. Sentimentindikatoren, bei denen die Erwartungen nur auf eine (meist mittlere) Frist abgefragt werden, tragen erfahrungsgemäß sowohl Emotionen als auch Grundüberzeugungen in sich und sind deshalb schwieriger zu interpretieren.
Weil der Strategische Bias überwiegend längerfristige Überzeugungen und Wertvorstellungen der Investoren widerspiegelt, ist er ein Indikator, der von der „Weisheit der Vielen“ geprägt ist: In ihm findet sich das verstreut im Markt liegende, heterogene Wissen gebündelt wieder. Seine Eigenschaft als vorlaufender Richtungsindikator kann an den hier dargestellten Grafiken abgelesen werden. Besonders beeindruckend war 2012 und 2013 der trendmäßige Vorlauf des Strategischen Bias beim USD-JPY-Wechselkurs. Ähnliches gilt für die – noch glatter verlaufenden – Strategischen Bias-Zeitreihen für Gold sowie Rohöl und ihre zugehörigen Preise. In manchen Phasen kommt es zu besonders großen zeitlichen Vorläufen des Strategischen Bias vor den entsprechenden Marktpreisen. Die Entwicklungen der beiden Zeitreihen können in solchen Fällen auch über längere Zeit hinweg einander entgegensetzt verlaufen. Es bieten sich dann häufig außergewöhnliche Chancen von anstehenden Marktbewegungen zu profitieren. Anschauliche Beispiele finden sich in den hiesigen Abbildungen für deutsche und US-amerikanische Aktien im Frühjahr und Sommer 2011 (Abb. 1 und 2) oder für chinesische Aktien im zweiten Halbjahr 2012 (Abb. 3).
Der sentix Strategische Bias eignet sich ferner für Intermarket-Betrachtungen, da er für alle 14 Finanzmärkte nach derselben Methode und jeweils zur selben Zeit erhoben wird. Bei entsprechend gegensätzlichen Entwicklungen des Strategischen Bias für zwei Märkte können diese gegeneinander „gespielt" werden. Um diese Entwicklungen vergleichbar zu machen, empfiehlt sich eine Normalisierung der Datenreihen, also die Verwendung von Z-Scores.
Auch zur Ermittlung des richtigen Ein- oder Ausstiegszeitpunkt in bzw. aus Märkten ist der Strategische Bias einsetzbar. Es ist allerdings sinnvoll, sich bei einer solchen Entscheidung nicht ausschließlich an ihm zu orientieren. Vielmehr steht eine Reihe weiterer sentix-Indizes zur Verfügung, die in Kombination mit dem Strategischen Bias das Timing optimieren:
Zunächst bietet es sich an, zusätzlich die sentix Anlegerpositionierung zu berücksichtigen, die für Aktien- und Rentenmärkte erhoben wird. Die Positionierung folgt in der Regel dem Strategischen Bias. Eine Anpassung verläuft hier aber bisweilen zögerlich, wenn z.B. Risikobudgets knapp bemessen oder sonstige institutionelle Hemmnisse vorhanden sind. Hat sich die Positionierung bereits in die Richtung des Strategischen Bias entwickelt und liegt sie dann sogar in Extrembereichen, besteht das Risiko, dass der betrachtete Markt nicht mehr in die gegebene Richtung „atmen“ kann und somit – trotz einer ausgeprägten Grundüberzeugung – eine preisliche Korrektur auftritt.
Der sentix Konjunkturindex und der sentix Styles Index sind ebenfalls geeignet, um den Strategischen Bias zu flankieren. Sie helfen zu identifizieren, was letzteren antreibt – sich verändernde Konjunkturerwartungen z.B. oder auch durch eine sich wandelnde Risikoaversion, die sich in den Zeitreihen des sentix Styles Index widerspiegelt. Schließlich ergänzt für den europäischen Aktienmarkt das sentix Sektor Sentiment den Strategischen Bias: An ihm kann abgelesen werden, welche Branchen bei den Anlegern gerade „en vogue“ sind und ob die aktuelle Ausprägung des Strategischen Bias zur typischen Rotation zwischen defensiven und offensiven Titeln passt.
Auf die Kombination des Strategischen Bias mit dem sentix Sentiment ist bereits weiter oben (im einleitenden Text) eingegangen worden. Eine konkrete Kombination von Sentiment und Strategischem Bias, die zum Timing verwendet werden kann, ist der sentix Zeitdifferenz Index (Link).
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