27 August 2012
Die FED, die US-Notenbank, tut es schon seit längerem. Die Bank of England (BoE) und die Bank of Japan (BoJ) tun es ebenfalls. Sie erwerben in großem Stil die Staatsanleihen des jeweiligen Landes. Was ist also so schlimm daran, wenn dies nun auch die EZB tut?
211 Mrd. Euro hat die Europäische Zentralbank bereits in den Ankauf von Staatsanleihen investiert. Doch seit das Tabu der Anleihekäufe im Mai 2010 gebrochen wurde, ebbt der Widerstand gegen diese Maßnahme der EZB nicht ab. Zwei Bundesbank-Mitglieder im EZB-Rat sind daran schon „gebrochen". Nun steht Jens Weidmann, aktueller Chef der Bundesbank, im Mittelpunkt des Widerstands gegen diese Finanzierungspraxis der EZB.
Grundsätzlich stellen Käufe von Staatsanleihen durch die jeweilige Notenbank per se ein Problem dar. Denn wenn es einem Staat möglich wird, sich durch die Notenpresse zu finanzieren, entsteht mittelfristig ein erhebliches Inflationspotential. Zu beachten ist jedoch, dass es zwei Arten von Notenbank-Käufen gibt: Käufe am Primärmarkt (die Notenbank kauft dem Staat direkt neue Anleihen ab) und Käufe am Sekundärmarkt (die Notenbank kauft bereits bei Anlegern platzierte Anleihen).
Käufe am Primärmarkt sind ein absolutes No-Go. Denn dies kommt einer direkten Ausweitung der Geldmenge ohne wirtschaftlichen Gegenwert gleich und führt in eine Inflationsfalle. Käufe am Sekundärmarkt sind anders zu beurteilen. Hier muss der Staat zunächst private Gläubiger von der Attraktivität der Anleihen überzeugen. Diese unterliegen zwar möglicherweise aufgrund der Notenbank-Nachfrage im Zweitmarkt einer Attraktivitätsillusion. Der Staat kann sich jedoch nicht diskret verschulden. Kauft die Notenbank nun am Sekundärmarkt Anleihen auf, so reduziert sie damit zwar auch die Zinsen für Staatsanleihen, wie schnell es aber zu einer gefährlichen Aufblähung der Geldmenge kommt, hängt davon ob, wo die durch die entsprechenden Verkäufe der Anleger freiwerdenden Mittel investiert werden.
Die Staatsanleihekäufe von FED (als QE bezeichnet), von BoE und BoJ unterscheiden sich in zwei wesentlichen Punkten von denen der EZB. Der erste wichtige Unterschied hängt damit zusammen, dass FED & Co. die Notenbank ihres Landes sind und damit eine Einheit von Nationalstaat, Notenbank und Währung gegeben ist. Das bedeutet, dass die Erträge der Notenbank ausschließlich dem Land zu Gute kommen, dessen Staatsanleihen erworben werden.
In der Eurozone ist dies nicht der Fall. Die Erträge der EZB werden nach dem EZB-Schlüssel verteilt. Auf Deutschland entfallen dabei rund 27% der Erträge (wie auch der möglichen Verluste), während die zum Kauf stehenden Anleihen nur aus einem kleinen Teil der Euro-Länder stammen. Die durch die EZB-Aktion für das jeweilige Schuldnerland erzielbaren Gewinne aus sinkenden Zinsen für ihre Staatsanleihen, fallen für die Staatssäckel der Euro-Staaten asymmetrisch zu den verteilbaren Erträgen und Risiken der EZB-Bilanz an. Damit entsteht ein Subventionstatbestand, eine einseitige Begünstigung, ohne jedwede demokratische Legitimation.
Der zweite Punkt ist, dass FED & Co. durch den Erwerb der Staatsanleihen die Papiere des „besten" Schuldners im jeweiligen Währungsraum akquirieren. Damit besteht sogar eine gewisse Aussicht auf Erfolg dieser geldpolitischen Aktion, sofern man eine positive Rückkopplung auf Risikoanlagen und die Konjunktur als Erfolg definiert. Denn durch den Wegfall des besten Schuldners bleibt Anlegern, die ihre Staatsanleihen an die FED veräußern, nichts anderes übrig, als Papiere riskanterer Schuldner zu erwerben. FED & Co. können demnach die Risikoneigung der Investoren beeinflussen.
Dies ist im Falle der EZB ebenfalls anders. Denn die EZB würde Anleihen bedrängter Schuldner (Italien, Spanien etc.) kaufen. Die Anleihen der „besten" Schuldner im Euroraum (Deutschland, Finnland, Niederlande etc.) bleiben dagegen für die Anleger verfügbar, die sich von Italien & Co. trennen wollen. Damit besteht die reale Gefahr, dass das Manöver nicht zu einem Erfolg führt, sofern man die gleichen Ergebnisse als Erfolg definiert wie bei FED & Co. Anleger weichen womöglich verst#rkt auf die besten Schuldner aus und die Maßnahme der EZB würde in der Liquiditätsfalle verpuffen.
Am Ende riskiert die EZB sehr viel (Inflationsgefahren), nur um den Krisenländern einen gewissen Zinsvorteil zu verschaffen. Für eine kurzsichtige Subvention der Südschiene wird langfristiges Vertrauenskapital verspielt.