08. Februar 2012
So etwas passiert nur einmal - zumindest nur einmal alle vier Jahre! Am 29. Februar 2012 regnet es Geld. Mit einem weiteren Dreijahrestender stellt die EZB erneut auf äußerst generöse Weise Liquidität zur Verfügung.
Das war ein Paukenschlag im Dezember letzten Jahres, als die europäische Zentralbank (EZB) ankündigte, den Banken in Euroland unbegrenzte Liquidität für drei Jahre anzubieten - zu einem (anfänglichen) Schnäppchenzins von 1%. Über die Wirkungen dieser Maßnahme haben wir im Blog bereits ausführlich berichtet.
Nun steht eine Wiederholung an. Und auf diese bereitet sich der Markt richtiggehend vor. War der erste Tender so unglaublich und neuartig, dass nur die wenigsten Beobachter damals zeitnah die Bedeutung erkannten, sieht es diesmal anders aus. Vor allem die Salesabteilungen der Investmentbanken wittern hier die Chance auf ein großes Geschäft!
Banken in ganz Europa werden aufgefordert, dieses Geldgeschenk eifrig zu nutzen. Die gute Performance von Aktien und Anleihen (selbst von angeschlagenen Euro-Staaten) haben den Anlegern zudem vor Augen geführt, wie leicht es ist, bei diesen großzügigen Konditionen einen Schnapp zu machen.
Damit das ganze auch bei der Rekord-Refinanzierung Ende des Monats funktioniert, muss der clevere Anleger sicherheitshalber in Vorleistung gehen. Sprich: er investiert jetzt schon die Mittel zu noch vielversprechenden Konditionen, bevor die anderen "Dummen" erst nach der Tenderzuteilung in den Markt einsteigen. Ein narrensicheres Geschäft? Bald ist ja Karneval.
Wo liegt der Haken? Genau diese Frage scheint sich derzeit kaum ein Investor zu stellen. Uns fallen wie immer ein paar Punkte dazu ein, über die es sich zumindest nachzudenken lohnt.
- Da wäre zuerst der Ankündigungseffekt zu nennen. Da viele Investoren besonders clever agieren wollen und bereits vor Zuteilung in den Markt einsteigen, stellt sich die Frage, wer danach noch kaufen wird. Ergebnis: das bekannte "sell on good news"-Phänomen, bei dem Märkte trotz positiver Nachrichten nicht mehr weiter steigen.
- Zudem könnte es eine Enttäuschung bei dem tatsächlich abgerufenen Volumen geben. Während sich die Presse und die Salesabteilungen täglich mit ihren Schätzungen überbieten und erst von 500 Mrd., dann von 1.000 Mrd. und nun von 1.500 Mrd. Euro ("oder mehr, sagt der Sales") ausgehen, hat uns ein Hinweis eines Bundesbankers im DAF aufmerken lassen. Dieser wies auf die Frage des Journalisten, mit welchem Volumen er rechne, darauf hin, dass er sich dazu nicht äußere. Im Übrigen möchte er betonen, dass man auch bei diesem Tender entsprechende Sicherheiten hinterlegen muss. Mit anderen Worten: selbst wo eine Wille ist, könnte der Weg verbaut sein. Die erwartete Nachfrage nach Assets könnte demnach geringer ausfallen, weil das abgerufene Volumen "enttäuscht", sofern man bei hunderten von Milliarden Euros von Enttäuschung sprechen kann.
- Zudem steht natürlich ein massiver Aufbau von Staatsanleihepositionen den steigenden Kapitalanforderungen im Bankensektor entgegen. Die guten Gewinne der letzten Wochen haben dieses quasi automatisch noch geheilt (wer mehr als 8% Gewinn auf seine Positionen hat, kann das notwendige Eigenkapital ja durch diesen Gewinn darstellen!). Doch der Grenznutzen wird abnehmen und damit auch die Fähigkeit zum Ausbau von Staatsanleihepositionen.
- Auffallend ist auch, dass die Einlagen bei der EZB weiter ansteigen und per 3.2. einen neuen Höchststand erreicht haben. Die Risikotragfähigkeit und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, sind sehr ungleich in Europa verteilt. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Eurokrise keineswegs vorbei ist.
- Überhaupt muss man derzeit den Eindruck gewinnen, dass die viele Liquidität durch die dadurch erreichten Kursgewinne die Schuldenkrise weniger gefährlich, ja schon als gelöst erscheinen lässt. Dass Gegenteil ist der Fall und mit Blick auf den 20. März steht ein Showdown in dieser Frage an!
Billiges Geld mag derzeit "grenzenlos" vorhanden sein. Grenzenlos optimistisch, gar naiv, sollten Investoren deshalb aber nicht agieren.