17. Juli 2017
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Sonderanalysen
Ängste um ein Aufflammen der Dieselaffäre bei Daimler treibt die Stimmung der Anleger für den gesamten europäischen Autosektor auf ein 24-Monatstief. Der Schreck der Anleger scheint jedoch überzogen, Rückkopplungen auf die Kurse des Sektors sind kaum feststellbar. Aus Sicht der verhaltensorientierten Analyse ergibt sich daher eine antizyklische Chance für die Aktien der Autobauer.
Die Stimmung für Automobilaktien in Europa liegt am Boden. Das für den Monat Juli erhobene Branchensentiment offenbart, dass die Anleger mittlerweile eine hohe Skepsis für die Autobranche aufgebaut haben. Das Branchensentiment ist aktuell das schlechteste aller 19 STOXX 600 Branchen. Mit einem Z-Score von -2,1 markiert es ein 24-Monatstief und ist damit annähernd so tief wie im April 2013. Im Anschluss setzte damals eine markante Erholung des Sektors ein.
Die Anleger reagieren in verstärktem Maße auf zwei Faktoren. Zum einen strahlen die negativen Nachrichten um die Daimler Aktie auf den Sektor aus. In einem potentiellen Dieselgate II befürchten die Anleger eine enorme Belastung für die gesamte Branche. Die Anleger übertragen ihre Erfahrungen, die sie aus dem VW-Skandal gemacht haben, nun auf den nächsten Kandidaten (Stichwort „Repräsentativheuristik“).
sentix Sektor-Sentiment Automobile vs. STOXX 600 Index Automobile
Zudem nehmen die Anleger einen zweiten Belastungsfaktor für die exportorientierte Branche war: Durch die jüngste Befestigung des Euros wittern die Anleger die Gefahr, dass sich die Geschäftsaussichten der Autobauer eintrüben könnten. Die Folge ist eine enorme Schwerkraft im Sentiment, was sich aber in den jüngsten Kursen des STOXX 600 Auto-Sektors bislang in keiner Weise widerspiegelt.
Aus dem Blickwinkel der Behavioral Finance scheint damit die Empörung der Anleger in Relation zum Marktpreisver-halten überhöht zu sein. Nach historisch vergleichbaren Sentiment-Signalen setzte in der Vergangenheit eine dynamische Erholung des Sektors ein. Hiervon ist auch heute auszugehen. Unsere Analyse lässt daher die Ampeln für den Autosektor antizyklisch auf grün schalten.
Das sentix Sektor Sentiment wird seit 2002 monatlich unter privaten und institutionellen Anlegern via Internet erhoben. Die Umfrage findet jeweils um den zweiten Freitag eines Monats herum statt. Die Anleger werden dabei nach ihren 6-Monats-Erwartungen zu 19 europäischen Aktiensektoren befragt. Sie können angeben, ob sie mit einer Outperformance der jeweiligen Branche, einer Performance entsprechend der des Gesamtmarktes oder einer Underperformance rechnen. Die Umfrageergebnisse werden über alle Branchen normalisiert und in Z-Scores umgerechnet. Z-Scores sind Standardabweichungen um den Mittelwert einer Stichprobe. Ein Wert von +1 für das Sentiment einer Branche bedeutet z.B., dass diese von den Anlegern eine Standardabweichung besser bewertet wird als alle Branchen zusammen im Durchschnitt.
Die aktuelle Umfrage zum sentix Sektor Sentiment ist in der Zeit vom 13.07 bis zum 15.07.2017 unter 1.119 privaten und institutionellen Investoren durchgeführt worden.