09. Dezember 2011
Der Ruf nach den Vereinigten Staaten von Europa wird immer lauter. Unter dem Druck der ökonomischen Krise soll nun vollendet werden, was seit 60 Jahren angestrebt wird. Doch um eine Nation zu bilden braucht es mehr, als ökonomischen Druck.
Als der Euro eingeführt wurde, galt es als umstritten, eine gemeinsame Währung einzuführen ohne gleichzeitig eine einheitliche Wirtschafts-, Fiskal- und Sozialpolitik zu haben. Dem Vorbild der deutschen Reichsgründung entsprechend, favorisierten viele Ökonomen die "Krönungstheorie", nach der die gemeinsame Währung am Ende der Staatsgründung steht.
Inzwischen wissen wir, dass es dem Euro genau an diesem gemeinsamen Fundament fehlt und die Politik hat sich deshalb entschlossen, diesen Fehler zu korrigieren. Doch dies ist ein riskantes Unterfangen. Denn es fehlt auch für diesen Schritt eine wichtige Voraussetzung: eine gemeinsame Sprache!
Diese ist von großer Bedeutung, wenn uns wirklich daran gelegen ist, ein gemeinsames, demokratisches Europa zu bauen. Denn Voraussetzung für eine gelebte Demokratie ist die Fähigkeit zum Dialog. Ich selbst spreche neben Deutsch nur noch die englische Sprache. Entsprechend informiere und diskutiere ich vor allem in Deutsch und ein wenig in Englisch. Vielleicht kommt es daher, dass mir so manche amerikanischen, englischen oder österreichischen Argumente ehe einleuchten, als spanische oder griechische.
Unsere Medien- und Kommunikationslandschaft ist alles andere als Pan-europäisch. Wir erfahren hier wenig über die Diskussionen in anderen EU-Ländern und diese wiederum wenig von uns. Dies schürt Vorbehalte bei allen EU-Bürgern, wie gut es die jeweils anderen mit einem meinen.
Unsere Bundesregierung betont derzeit in Werbekampagnen die Bedeutung der Sprache für die Integration von Zuwanderern in unserem Land. Gleiches gilt für ein gemeinsames Europa, in dass alle EU-Bürger "einwandern" würden!
Der Ausweg der von der Politik gewählt wird, ist eine Technokraten-Regierung zu bilden, wo nur die "hohen Kommissare" unter Zuhilfenahme von Dolmetschern miteinander kommunizieren. Doch selbst das scheint nicht zu gelingen, wie die vielen Gipfel der letzten Monate zeigen. Von der Kommunikation mit dem eigenen Volk wollen wir gar nicht reden. Das vereinte Europa wird deshalb von den Bürgern als undemokratisch, intransparent und interessensgeleitet wahrgenommen - und deshalb abgelehnt! Und diese Ablehnung wird steigen, je mehr die "Resultate" dieser Kommissare zu Belastungen in einzelnen Ländern führen. Schon heute empfindet so mancher Grieche die EU als "Besatzungsmacht" und nicht als Vertretung des eigenen Bürgerwillens.
Ein weiterer wichtiger Punkt für eine geplante Staatsbildung ist die Bereitschaft, jedem Bürger eine Stimme zu geben. Bislang zählen auf der europäischen Ebene Proporz-Überlegungen mehr als demokratische Prinzipien. Wenn Frankreich, Großbritannien und Deutschland je 29 und Italien 27 Stimmen im Rat der europäischen Union haben (immerhin des derzeit wichtigsten Organs der EU), dann hat dies herzlich wenig mit den repräsentierten Bevölkerungsanteilen zu tun. In einem Vereinigten Europa muss jedes Land eine Repräsentation nach Bevölkerungsanteilen akzeptieren. Europa würde also zwangsläufig ein wenig deutscher ...
Brachte der Euro die Gefahr der ökonomischen Spaltung Europas auf die Agenda, steht bei einer forcierten, technokratisch-bürokratisch "Vergemeinschaftung" Europas die Gefahr, die Völker Europas zu spalten, die nicht mehr und nicht weniger erwarten, als demokratische Repräsentation.