12. März 2015
Die aktuelle Dynamik an den europäischen Rentenmärkten ist atemberaubend. Doch die im nebenstehenden Chart erkennbare, parabolische Dynamik ist ein Weckruf für jeden Antizykliker. Denn es ist ein (negatives) "Gütemerkmal" eines reifen Trends, wenn sich dieser mit fortschreitender Dauer nochmals beschleunigt. Aber auch "fundamental" lohnt es sich, die "Marktergebnisse" genauer zu betrachten.
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Parallel zum Zinsrückgang für Bundesanleihen (aktuelle 10-Jahres-Rendite: 0,20%!) hat sich nämlich die Differenz zu den 10-Jahres-Renditen in den USA auf mehr als 190bp ausgeweitet. Mit anderen Worten: legt man sein Geld für 10 Jahre in den USA statt in Bundesanleihen an, erhält man Jahr für Jahr fast 2% mehr an Zinsen.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zinssätze beider Länder für 5, 10 und 30 Jahre Laufzeit und ermittelt den zu erwartenden Gesamtertrag in lokaler Währung.
5 Jahre Laufzeit | 10 Jahre Laufzeit | 30 Jahre Laufzeit | |
Akt. Zins Bunds | -0,11% | 0,23% | 0,69% |
Akt. Zins US-Treasuries | 1,56% | 2,07% | 2,65% |
Kumulierter Ertrag bis Laufzeitende Bunds |
-0,6% (!) | 2,3% | 22,9% |
Kumulierter Ertrag bis Laufzeitende US-Bonds |
8,0% | 22,7% | 119,1% |
Das Ergebnis ist beeindruckend: Auf Sicht von 5 Jahren erzielt ein Anleger mit US-Bonds über 8%, auf Sicht 10 Jahre mehr als 20% und auf Sicht von 30 Jahren gar über 100% Mehrertrag gegenüber einem Engagement in Bundesanleihen. Dieses Potential ist natürlich nicht umsonst zu haben. Zum einen braucht der Anleger einen entsprechend langen "buy and hold"-Anlagehorizont, zum anderen legt er bei US-Bonds in US-Dollar an. Entsprechend besteht ein Währungsrisiko. Deshalb haben wir nachfolgend auch errechnet, welcher Wechselkurs in EUR-USD erreicht werden darf, bevor der Investor mit einer Dollar-Anlage schlechter fährt als mit einer Bundesanleihe (Ausgangswert für EUR-USD: 1,06).
5 Jahre Laufzeit | 10 Jahre Laufzeit | 30 Jahre Laufzeit | |
Möglicher Anstieg von EUR-USD bevor ein Gesamtverlust entsteht (zum Laufzeitende) |
1,15 | 1,27 | 1,89 |
Bei 30 Jahren Laufzeit bedeutet dies, dass ein Investor eine Währungsabwertung um rund 45% durch den Zinsvoraus ausgleichen könnte! Zieht man nun in Betracht, dass die meisten Investoren derzeit an eine Abwertung des Euros (!) glauben, wird die Absurdität des aktuellen Zinsgefüges deutlich.
Solch große Zinsabstände sind auf Dauer nur zu rechtfertigen, wenn das Land mit den höheren Zinsen (!) die schwache Währung besitzt. Die Konsequenz dieser Analyse lautet deshalb: Entweder sinkt die Zinsdifferenz zwischen den USA und Deutschland künftig wieder und / oder die Wechselkurse müssten sich wieder zu Gunsten des Euros normalisieren. Dass dies passiert, ist nicht eine Frage des "ob", sondern des "wann". Denn bei freien Märkten handeln die einzelnen Bondmärkte nicht im luftleeren Raum, sondern sind wie kommunizierende Röhren miteinander verbunden.
Gleich mehere sentix Indikatoren deuten auf eine solche Anpassung hin: Die sentix Konjunkturindizes (mit der Stärke Eurolands gegenüber den USA!) sowie die sentix Themenbarometer (mit der Indikation auf eine Rückkehr der Inflationserwartungen in Euroland). Bond-Anleger seid gewarnt: Finanzmärkte sind nicht statisch, sondern dynamisch!