Libra - Big brother is credit you

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Facebook hat angekündigt, ab 2020 eine neue Blockchain-gestützte Währung zu etablieren. Diese lautet auf den Namen "Libra" und soll neue Freiheit im Zahlungsverkehr bringen, gerade dort, wo es bislang keine gute Bankversorgung gibt. Wir diskutieren, was der neuen Währung fehlt, um erfolgreich zu sein.

Schwäche des Fiat-Systems beflügt Cryptos

Am aktuellen Höhenflug von Bitcoins, die ihren "Bubble-Abstieg" 2018 erstaunlich gut verkrafteten, sieht man, dass die Menschen nach einer Alternative zum aktuellen Geldsystem suchen. Den Banken wird in Zeiten massiver Kreditverschlechterung ebenso wenig zugetraut, wie den Notenbanken des herrschenden Fiat-Geldsystems, die mit ihrem Latein - sprich dem Gelddrucken - zunehmend am Ende sind. Im Kampf um die Schuldentragfähigkeit überschuldeter Staaten dürften bald die nächsten Bastionen fallen.

Die "Waage"

In diesem Umfeld scheint Facebooks Versuch, selbst ins Bank-Geschäft mit einer neuen Kryptowährung einzusteigen, nicht schlecht gewählt. Die auf den Namen Libra getaufte "Währung", was im Englischen das Sternzeichen "Waage" bedeutet und auf Chancengleichheit für alle diejenigen hinweist, die bislang keinen guten Zugang zu Bankdienstleistungen haben, soll 2020 an den Start gehen (weitere Details unter https://libra.org).

Libra soll wie Bitcoin durch eine Blockchain abgebildet werden. Diese soll jedoch zentral verwaltet werden, was einerseits eine schnellere Zahlungsabwicklung ermöglicht. Andererseits wird damit Facebook zum "Herr der Daten" als zentrale Instanz. Der wesentliche Vorteil von z.B. Bitcoins, eine dezentrale und damit weitgehend nicht einschränkbare Handelbarkeit zu gewährleisten, wird damit durch einen "Point of trust" - Mark Zuckerbergs Datenimperium - ersetzt. Facebook kann sich dabei auf die enorme Zahl seiner Nutzer bei Facebook, Whatsapp und Instagram stützen. Dies könnte dem Projekt einen verheissungsvollen Start bescheren.

Orwells Albtraum

Datenschützer und alle, die Sorge vor einem Überwachungsstaat haben, dürften sich aber meilenweit von Libra entfernt aufhalten. Denn Facebook würde nicht nur Einblick in alle Transaktionen haben, sondern zudem neben der Meinung, auch Geldflüsse kontrollieren können. Eine sehr befremdliche Vorstellung.

Aber es gibt auch im Design liegende Gründe, die am nachhaltigen Erfolg von Libra zweifeln lassen.

Reserve-Währung

Libra soll keinen größeren Kursschwankungen ausgesetzt sein. Dies liegt daran, dass Libra nicht als wirkliche Währung sondern als an Korb von Währungen und kurzfristigen Geldmarkt-Instrumenten gebundene Verrechnungseinheit konzipiert ist. Gelder, die in Libra "eingezahlt" werden, sollen als Reserve vorgehalten werden. Dies entspricht in etwa dem, was die Kryptowährung Tether ausmacht. Im Gegensatz zu Tether ist Libra aber nicht 1:1 mit dem US-Dollar, sondern einem Korb von verschiedenen Anlagen gekoppelt. Diese können schwanken. Die Rendite aus den kurzfristigen Anlagen sollen zur Kostendeckung dienen und als Dividende an die Gründungsinvestoren fließen. Ein nettes Business hat da Zuckerberg im Kopf.

Durch diese Maßnahme ist Libra jedoch mit den traditionellen Geld- und Bankensystemen verbunden. Dies entspricht nicht den Vorstellungen derjenigen Nutzer, die eine echte Währungsalternative suchen.

Zugang für Benachteiligte

Libra verspricht, Zahlungsverkehrsdienstleistungen für diejenigen zu bieten, denen dieser Zugang bislang verwehrt oder erschwert wird. Dies trifft z.B. auf US-Amerikaner zu, deren Banksystem gerade in puncto Zahlungsverkehr und grenzüberschreitende Zahlungen nur als rückständig zu bezeichnen ist. Kein Vergleich zum Beispiel mit dem EU-weiten Zahlungsverkehr per IBAN und Co.

In den USA dürfte es auch nicht schwierig sein, US-Dollar in Libra zu tauschen. Anders sieht es dort aus, wo bislang kaum eine Banken-Infrastruktur besteht. Der entscheidende Punkt bei jeder Kryptowährung sind die Zu- und Ausgänge der Kryptowährung in das bestehende System der staatlich betriebenen Geldsysteme. Kapitalflucht in den Bitcoin ist z.B. nur möglich, wo noch keine Kapitalverkehrsbeschränkungen bestehen.

Es ist wahrscheinlich, dass Libra durch die hohe Präsenz von Whatsapp und Co. auf mobilen Geräten auf Kooperationen mit Telekommunikationsdienstleistern setzen dürfte, um den Tausch von Fiat-Geld in Libra großflächig bereitzustellen. Warum ein Nutzer aber Libra nutzen soll, statt auf ApplePay, GooglePay oder Paypal zu setzen, bleibt abzuwarten.

Killer-App?

Wie vorstehend ausgeführt, fehlt Libra bislang ein wirklich revolutionäres Feature, um zu bestehenden Zahlungssystemen oder Bitcoins eine wirkliche Alternative zu sein. Es gäbe jedoch ein Feature, welches Libra einen enormen Schub verleihen könnte. Und dies wäre, wenn man auch Kredite in Libra erhalten könnte, die womöglich im Sinne eines Teilreservesystems ungedeckt wären.

Ist Zuckerberg dazu bereit? Als privates Unternehmen müsste er Libra "stützen" und die Finanzkraft von Facebook mit in die Waagschale werfen. Würde man Kredite in Libra aufnehmen können, würde sich das Spiel komplett ändern. Keine der bisher vorhandenen Kryptowährungen kann dieses Feature bieten. Die enorme Größe des Facebook-Netzwerkes und die Finanzkraft von Zuckerbergs Reich könnten dies erstmals ermöglichen. Hinzu kommt Facebooks intime Kenntnis seiner Nutzer, die wohl besser als jede herkömmliche Bank einen Einblick in die Gewohnheiten und die Kreditwürdigkeit ermöglichen würde - Big brother is credit you!

Fazit

Libra ist in seiner bisher vorgestellten Form ein unnötiges Vehikel in einer sich im Umbruch befindlichen Finanzwelt. Eine zusätzliche Verrechnungseinheit von einer wenig vertrauenswürdigen Firma braucht kein Mensch - Blockchain hin oder her. Geht Zuckerberg aber noch einen Schritt weiter, könnte er einen Gamechanger produzieren. Das sollten wir im Auge behalten. Und macht er es nicht, macht es früher oder später ein anderer - "amazing".

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