16. November 2012
Seit vier Monaten steigen die sentix Konjunkturerwartungen für Euroland nunmehr in Folge an. Zuletzt, Anfang November, war gar ein dynamischer Anstieg für die USA und Asien zu verzeichnen. Der "first mover" ist für seine Vorlaufeigenschaften bekannt. Doch nicht selten verlangt eine so frühe Indikation, koppelt man seinen Portfolioerfolg daran, auch eine Überzeugung in die Richtigkeit des Signales. Denn wenn die Indikatoren bereits zu einem so frühen Zeitpunkt eine Wende anzeigen, prasseln meist noch schlechte Nachrichten auf die Anleger ein, die dadurch Zweifel an der Frühindikation bei den Marktteilnehmern schüren.
Es ist leider das Los von echten (!) Frühindikatoren, bereits zu einem Zeitpunkt eine neue Richtung anzuzeigen, die in der Gegenwart (zum Zeitpunkt der Datenveröffentlichung) noch nicht zum Zeitgeist passt. Die Investoren beschäftigen sich gerne mit dem, was gerade ist. Dabei wird gerne übersehen, dass genau diese Gegenwart sechs Monate vorher die "frühe Indikation" der Frühindikatoren war. Mitten in einer zyklischen Bewegung ist diese Divergenz weniger von Bedeutung. An wichtigen Wendepunkten stellt dies aber ein markantes Problem dar.
Erinnert sei an dieser Stelle an den Jahreswechsel 2009. Auch damals vermeldete sentix eine überraschende Wende zum Positiven in den sentix Konjunkturerwartungen. In einer Live-Schaltung beim Börsen-Sender n-tv wurde der Autor vom Moderator in Anbetracht dieser Daten ungläubig gefragt, "ob die befragten Anleger an Silvester einen über den Durst getrunken hätten"?! Die sentix-Frühindikation passte auch damals nicht zu den schlechten "harten Fakten". Ob sich der Moderator noch erinnern kann, was wenige Monate später folgte? In diesem Lichte betrachtet, klingt die Schlagzeile von dieser Woche wie ein Deja-vu: "EU Industrieproduktion reißt so stark ab wie zuletzt Anfang 2009."
Dass die steigenden sentix-Konjunkturerwartungen keine Fata Morgana sind, zeigt sich auch in den Surprise-Indizes der Citibank, welche die positiven und negativen Abweichungen zu den Konsensus-Prognosen der Analysten messen. Diese Indizes steigen stetig, das heißt die Daten kommen meist besser als die Erwartungen! Das wird aber beim Blick in den Rückspiegel leicht übersehen.
Und war da nicht auch noch der ZEW-Index in dieser Woche, der einen "überraschenden" Rücksetzer anzeigte? Für Deutschland trifft dies zu, für Euroland kann man wohl eher von einer Seitwärtsbewegung sprechen. Dass diese Entwicklung eigentlich nicht überraschen sollte, hat unsere Sonderstudie zum Vorlauf der sentix-Indikatoren gezeigt. Unsere Daten laufen dem ZEW im Durchschnitt sechs (!) Wochen voraus, so dass ein Blick auf unsere Vormonatsdaten hilfreich gewesen wäre, um die Prognostiker nicht zu verunsichern. Denn die Zeitreihe der Institutionellen lieferte da genau den Knick, der jetzt so viele irritiert.
Die aktuellen US-Zahlen mögen ebenfalls Wasser auf den Mühlen der Zweifler sein, doch sollten Anleger bedenken, dass "Sandy's Böen" so viel Staub aufgewirbelt haben, dass so auch die eine oder andere positive Tendenz von einer vermeintlich schlechten "Headline-Zahl" verdeckt wurden.
Wie bereits von uns in unseren Analysen schon öfters erwähnt, befinden wir uns aktuell wahrscheinlich in der Zyklusphase des "Zweifelns". Diese Zweifeln entstehen nach einer vollzogenen Wende zum Besseren, weil den Investoren zwar der Umstand der Wende "dämmert", aber die Gründe hierfür einfach noch nicht klar und gefestigt sind. Die Zweifel müssen von einem Prozess der Erkenntnis nach und nach verdrängt werden. Und dieser Erkenntnisprozess verläuft bei jedem Investor unterschiedlich. Der erfolgreichste Weg für uns besteht darin, treffsicheren Indikatoren konsequent zu folgen. Und solange diese keine andere Indikation geben, gibt es auch keinen Grund, auf eine andere Entwicklung zu setzen.