21. Juli 2011
Die Märkte feiern - die Medien jubeln! Wir haben ein neues Rettungspaket, endlich eines, "welches das Übel an den Wurzeln pakt", wie es unsere Bundeskanzlerin als Losung vor dem heutigen Gipfel ausgegeben hat. Eines, welches endlich die Beteiligung der Privaten an der Schuldenproblematik bringt.
Nun, in einem stimmt das oben stehende: wir privaten Steuerzahler sind in der Tat kräftig beteiligt. Aber eine Lösung der Schuldenproblematik und ein Ende der Krise der europäischen Politik ist dieser Kompromiss sicher nicht.
Was genau beschlossen wurde, kann man hier und hier nachlesen.
Einerseits könnten wir ja zufrieden sein, immerhin ist man auf die Idee mit dem Rückkauf von Anleihen, wie wir ihn hier bereits vor mehr als einem Jahr vorgeschlagen haben, eingegangen. Doch die Sache hat einen Haken, weshalb wir im Dezember 2010 mit der "Investor-Put"-Lösung nachgelegt haben. Denn wie wickelt man diesen Rückkauf ab? Wird für jede Anleihe ein Geldkurs öffentlich genannt? Kaufen unsere Politiker einfach wahllos am Markt (wer kontrolliert diesen Prozess?), was bei steigenden Preisen die Reduzierung der Schulden wieder relativiert? Und warum soll überhaupt jemand Anleihen verkaufen? Schließlich soll der "Default", also der Zahlungsausfall dadurch ja vermieden werden.
Wenn sich die großen Player am Markt, die mit der Politik ihre eigene Beteiligung aushandeln durften (etwas, was man der Versorgerbranche beim erst jünsgt erfolgten Atomausstieg nicht mehr erlaubte), an die Regelung halten - schön und gut. Aber was ist mit allen anderen privaten Gläubigern, die nicht gefragt wurden und die sich nun sagen: zahlt mir bitte meine Anleihen zum Nennwert zurück! Ein Zwang ist hier eigentlich nicht möglich ohne Prozesse und unkalkulierbare Risiken einzugehen.
Darüber hinaus werden den Gläubigern interessante "freiwillige" Umtauschofferten gemacht, die allesamt den Vorzug für die privaten Gläubiger haben, weniger schmerzhaft zu sein, als ein Verkauf zu Marktpreisen.
Wie bei solch großzügigen Politikgeschenken der griechische Schuldenstand nennenswert sinken soll, wissen nur unsere Regierungen. Bei den heutigen Beschlüssen ist nur eines gewiss: den Euro-Bürokraten ist nun ein 700 Mrd. Fonds anvertraut worden, die diese binnen kürzester Zeit zum Ankauf allerlei minderwertiger europäischer Schuldtitel einsetzen werden ("erweiterte Kompetenzen" - mir graut es!).
Bemerkenswert heute abend im TV die Kommentare in ARD und ZDF: "den deutschen Steuerzahler kostet es nichts!" Wow, welch ein Unsachverstand. Natürlich kostet es uns was, da eigentlich nun ca. 30% des auflaufenden EFSF-Anleihebestandes auf unsere Staatsschuld anzurechnen sind - mit einem entsprechenden "Gegenwert" an weitgehend wertlosen Schuldtiteln aus Griechenland und Co. Und was für Deutschland gilt, gilt auch für alle anderen EU-Ländern, die faktisch über die Solidarhaftung höhere Schulden aufgeladen bekommen. Wird dies deren Schuldenposition verbessern?
Und Griechenland wird so bestimmt NICHT kapitalmarktfähig, da die Schuldenlast nicht reduziert sondern kaschiert wird. Im Gegenteil: Griechenland wird so zum EFSF-Dauerkunden, zur Keimzelle der Euro-Gesamthaftung - nur ohne demokratische Legitimation.
Was werden die Märkte daraus machen? Nun, ganz sicher wird der Markt die Banken und Versicherungen feiern, denn die freuen sich über die unerwartete Wertaufholung und das klare Bekenntnis der Politik, diesen armen, verfolgten Berufsstand auch weiter zu verschonen. Man hat sich mal wieder etwas Zeit gekauft, mehr aber nicht. Denn natürlich löst diese Entscheidung kein Problem, im Gegenteil.
Uns würde es nicht wundern, wenn die Märkte nun relativ zügig auch für Portugal und Irland diese "Lösung" erzwingen. Dann sind die bereitgestellten EFSF-Mittel weitgehend verplant / aufgebraucht. Dann darf nichts, aber auch nichts mehr schiefgehen. Weder dürfen die Märkte in einen Bondkäuferstreik treten, noch darf die Weltwirtschaft in eine Rezession abgleiten. Wenn doch, platzt das Kartenhaus atemberaubend.
Wir sind in einem Ponzi-Schema gefangen und vielleicht hat die Politik es gerade noch einmal geschafft, ein paar neue Spieler in das System hineinzuziehen. Doch an der Wurzel, liebe Frau Merkel, haben Sie das Problem mit Sicherheit nicht angepackt. Ihren Beratern Ackermann & Co. haben Sie jedoch einen guten Dienst erwiesen. Dem "Deutschen Volke" wohl kaum.