12. November 2013
Ingo Narat, Redakteur beim Handelsblatt, weiß Bescheid: Gold bleibt der Rettungsanker bei Unfällen. Und die Massen vor den Toren der Edelmetallmesse sind nun zum "smarten Geld" erhoben. Ein zumindest kurzfristig äußerst unschönes Sentimentsignal.
Was Ingo N. in seinem Depot liegen hat, ist nicht schwer zu erraten. Seit einiger Zeit schon tauchen seine Pro-Gold-Kommentare in schöner Regelmäßigkeit auf, meist nach einer Rallye des gelben Metalls, zuletzt aber immer öfter bei fallenden Kursen. Zwar ist er als Journalist eigentlich zu einer gewissen Neutralität verpflichtet, doch ein wenig eigene Meinung darf man schon einbringen in seine Arbeit. Und Ingo ist Gold-Bulle - ein ganz voreingenommener noch dazu!
Schon im Sommer wusste er zu berichten, dass dem Gold weitere Kursgewinne sicher sind. Denn die Privatanleger stünden Schlange und begehren das Edelmetall. Und es ist doch verdammt noch einmal der clevere deutsche Privatanleger der dem Gold Beine machen wird. Ok, nicht ganz. Natürlich stehen Heerscharen von Chinesen und Indern bereit, dem Deutschen beim Heben des Goldpreises behilflich zu sein. So sei es.
Bekanntlich kam es bislang anders. USD 1.400 waren nicht genug, der Preis fiel bis auf knapp über USD 1.200 je Unze. Nach einem spätsommerlichen Intermezzo befindet sich der Goldpreis inzwischen wieder auf dem Weg in Richtung USD 1.200er Marke. Aber: die Nachfrage des deutschen Michels ist durch nichts zu erschüttern. Fast 6.000 Besucher strömten nach Angaben des Veranstalters in die heiligen Hallen nach München, um wirklich echten Mammon bewundern und erwerben zu können. "Kamen früher nur Verschwörungstheoretiker", so muss es nach dem Handelsblatt nun die geronnene Weisheit sein, die da Einlass begehrt.
Auf zehn Käufer kommt nur ein Verkäufer - was bei jeder anderen Anlageklasse als Zeichen von zu großem Optimismus gewertet würde, ist bei Gold die Weisheit des gemeinen Bürgers, der das üble Spiel der Mächte durchschaut hat und dem faustischen Pakt aus Politik und Notenbank ein Schnippchen schlägt.
"Gold ist die ultimative Versicherung" lautet das Mantra des Überzeugten. Egal ob Deflation oder Inflation - Gold geht immer. Doch gegen einen Unfall versichert das Gold anscheinend nicht: gegen die Deflation des eigenen Wertes gegen dieses üble Papiergeld. Aber darum geht es auf so einer "Fachveranstaltung" ja auch nicht. Man lauscht fachkundigem Publikum. "Mister DAX" bastelt an einer zweiten Karriere als "Mister Gold": "Ihr habt euer Gold doch hoffentlich nicht verkauft?" ruft der Meister des C(r)ashs ins Publikum und trifft den Nerv der Anwesenden. "Nein" schallt es ihm entgegen - "denn die Verluste sind noch nicht groß genug" ergänzt der Behaviorist.
Rechtzeitig zum Weihnachtsfest ist also die Stimmung unter den Gold-Enthusiasten noch immer recht gelassen. Wie gut, dass die Edelmetallhändler für ihre Stammkundschaft da noch ein Bonbon bereithalten. Die anstehende Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Silbermünzen von 7% auf 19% "kompensieren die Anbieter durch eine interne Steuerrechnung". Begeht da jemand Steuerbertrug? Wohl kaum. Was der Redakteur offenbar nicht versteht ist, dass diese "Steuerrechnung" nichts anderes ist als der Verzicht auf etwas Marge. Bei Scheunentor-breiten Geld- und Briefkursen ist das leicht zu verschmerzen, wenn man damit das Publikum bei Laune halten kann. Das Fest kann kommen.